Gagarin (Quelle)

Nachdem die Sowjets 1957 den weltweit ersten Sputnik ins All beförderten, wurde nun im Frühjahr 1961 Juri Gagarin als erster Kosmonaut (Astronaut) der Menschheit hoch geschossen. Der arme Juri umkreiste einmal die Erde und obwohl sein Flug perfekt funktionierte, landete auch er wieder in der UdSSR … ;)

Er wurde nun zu allem Überfluss, wie alle folgenden Kosmonauten, zum Helden der UdSSR und somit zu einer sowjetischen Ikone stilisiert. Das sowjetische Raumfahrtprogramm wurde absolut glorifiziert. Denn der sogenannte “Kalte Krieg” war bereits in vollem Gange.

Grenzzaun (Quelle)

Dann wurde noch am 13. August beginnend eine Mauer quer durch Berlin, und ein mindestens 3 m hoher Metallzaun durch ganz Europa gezogen.

Diese Mauer strafte unseren ersten Mann im Staate, Walter Ulbricht, Lügen, denn der hatte noch 2 Monate zuvor lauthals verkündet, dass niemand eine solche Absicht habe. Der log ohne rot zu werden!

Berlin (Quelle)

Der war nach 1945 in der Sowjetischen Besatzungszone, ab 1949 dann DDR, maßgeblich an den Verhaftungen von 340.000 Menschen und an dem Massenmord von 90.000 Menschen mit beteiligt.

Allein für die Verhaftung von 5.000 Sozialdemokraten, wovon 400 in der Haft und über 1.000 an den Haftfolgen umgekommen sind, war er verantwortlich.

Für mich ist auch er ein Massenmörder gewesen, denn er ließ anders Denkende hinrichten oder nahm deren Tod zumindest billigend in Kauf. (Diesen Kenntnisstand erlangte der durchschnittliche Bürger, so auch ich, erst nach 1989.)

Mielke (Quelle)

Die gesamte DDR-Westgrenze oblag in ihrer Zuständigkeit seit Beginn den Grenztruppen der Stasi. Deren erster Mann war seit 1957 der zweifache Polizistenmörder Erich Mielke. Das wusste damals das fortan gänzlich eingesperrte DDR-Volk noch nicht. Das ist logisch!

Ebenso sicher aber ist, dass der obersten Riege dies alles bekannt war, stammten doch die führenden KPD-Leute alle aus der gleichen Ecke. Mielke führte des Weiteren stalinistische Säuberungen schon während des Spanienkrieges, an dem er teilnahm, in seinen Reihen durch. Und solch einen Polit-Mörder setzten Leute wie Ulbricht oder Pieck an die Spitze des sozialistischen Sicherheitsdienstes. Ich empfinde das als furchtbar, als ungeheuerlich.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass mein Opa damals davon Kenntnis hatte! Niemals kann er das gewusst haben!

Mielke wurde erst 1993 vor ein bundesdeutsches Gericht gestellt, doch nur für die 2 Morde an Berliner Polizisten von 1931 verurteilt. Auch das ist ungeheuerlich!

Luftbild Mauer Berlin (Quelle)

Der DDR liefen bis 1961 die Leute unkontrolliert davon, zu hunderttausenden, doch uns Schülern wurde ernsthaft eingebleut, dass dieser antifaschistische Schutzwall (Grenze und Mauer) die Imperialisten am Eindringen hindern soll.

Maueropfer (Quelle)

Makaber nur, dass nun regelrechte Treibjagden auf DDR-Flüchtige gemacht wurde. Wenn “unser” Sozialismus doch so schön war wie behauptet, wieso rannte dann die Bevölkerung in Scharen davon. Warum wurden die anders Denkenden, die Flüchtlinge wie Hasen abgeschossen?

Nun spätestens wussten auch letzte Zweifler, was sie von solchen “Kommunisten” wie Ulbricht halten sollten. Diese wurden Schäfer und wir alle mutierten zu deren Schafen.

Und schwarze Schafe erhielten nun obendrein stets eine Sonderbehandlung …

Wahrhafte Kommunisten sind das nie gewesen. Das ganze Grenzsystem diente damals schon nur noch deren persönlichem Machterhalt. Doch die breite Masse konnte vorerst nichts mehr daran ändern. Die Zeit für offenen Widerspruch war noch lange nicht reif! Wer wollte schon freiwillig seine eigene Exekution einleiten?

Der 17. Juni 1953 mit all den Ermordeten und später Hingerichteten steckte noch zu sehr im kollektiven Bewusstsein.

Ab den beginnenden 60-er Jahren bemerkte auch ich, was der DDR-Zoll für eine Dienststelle war …

An eine traurige Kanada-Paketsendung für Oma Hedwig kann ich mich noch bildhaft erinnern. Da hatte wiedermal der Zoll kontrolliert.

Ein Plastik-Eimerchen mit Rindertalg war das Einzige was unversehrt blieb (war übrigens der allererste Plastik-Eimer, den ich im Leben zu Gesicht bekam). Kaffee, Kakao, Rosinen, Mehl und allerlei Backzutaten waren geöffnet und wieder lose ins Paket gekippt, bewusst war alles durcheinander geschüttet worden!

Das gab Tränen …!

Nach einer schriftlichen Beschwerde in Berlin kam ein Entschuldigungsschreiben und Ersatz wurde geliefert. Wer weiß, welch armen Schwein die Behörde den Ersatz zuvor aus seinem Paket geklaut hatte …

(Heute aber stellt sich mir die Frage, ob wohl jeder Bürger Ersatz bekommen hätte?)

Ab nun erhielten wir Zottmanns auch nur noch selten kanadische Modell-Eisenbahn-Hefte von meinem Onkel Otto zugestellt, viele Male wurden diese beschlagnahmt. Mein Vater wurde ins Zollamt bestellt und aufgefordert, derlei Briefpost nicht mehr zu erhalten.

Sprich: Er sollte persönlich diese monatlichen Sendungen, von seinem Bruder kommend, abbestellen. Meinem Vater ist dadurch die DDR bestimmt nicht sympathischer geworden.

Chrysler (Quelle)
Buick (Quelle)
Chevrolet (Quelle)

Automatisch bekamen wir auch nie wieder die vielen damals schon farbigen Hochglanz-Verkaufsprospekte meiner geliebten amerikanischen Straßenkreuzer, wie Chevrolet, Corvette, Chrysler, Buick, Cadillac oder Oldsmobile … Ab da konnte ich niemals mehr heimlich diese tollen Autos meinen Schulkameraden zeigen.

Uns wurden nicht nur solche schicken Straßenkreuzer vorenthalten, nein, wir sollten nicht mal mehr Bilder davon sehen dürfen. Wie sollte ich das je gutheißen?

Da half auch kein Fahnenappell oder der ein Jahr später eingeführte Staatsbürgerkunde-Unterricht. Meine Zerrissenheit ging langsam in Ablehnung über. Zumindest wurde bei mir Argwohn befördert. Ich glaube das begann bereits damals …

So wurden auch Kinderseelen zerrissen und erste Zweifel geboren!

Zum Glück ist mein Vater nie SED-Mitglied geworden. In damaligen Zeiten wäre das nämlich auch mit dem Abbruch der Beziehungen zu jeglichen im Westen lebenden Verwandten verbunden gewesen. Verheerende Vorstellung! Zottmanns in Kanada und S’s in Düsseldorf wären uns allen dann total entfremdet worden. Auf diese Weise hat das Regime abertausende Familien systematisch zerstört.

Dadurch hatte beispielsweise mein späterer Schwiegervater auch jeden Kontakt zu seinem Sohn im Westen verloren. (Erst nach weiteren Jahrzehnten wurden Kontakte geduldet.)

Nur meinem Vater habe ich zu danken, dass alle familiären Kontakte weiter bestanden. Meine Mutter akzeptierte das damals notgedrungen, zog aber im späteren Leben selbst daraus mannigfaltigen Nutzen.

Oma Hedwig

Der 61-er Urlaub brachte uns nach Waren an der Müritz, auf den Zeltplatz “Ecktannen”. Hier waren bei maximal 18° C alle 3 Urlaubswochen verregnet.

Noch trauriger als der verregnete Urlaub war 1961, dass Oma Hedwig im Krankenhaus verstarb.

Ich durfte sogar 2 bis 3 Tage zuvor noch einmal kurz zu ihr ins Krankenzimmer, was damals sonst Kindern nicht gestattet wurde. Wenige Tage später saßen wir Geschwister in der Badewanne, als Vati uns die traurige Nachricht überbrachte.

Es hat einige Wochen in Anspruch genommen, bis ich die ganze Tragik begriff. Es gab also nie wieder ein Treffen mit meiner geliebten Oma, sie konnte nie wieder Halt bieten und trösten …

Oma bewohnte ihre letzten 2 Jahre ein kleines Zimmer im Altersheim Johannishöfer Trift 7G. Dort hatte sie neben einem Bett, einem Kleiderschrank und einem Vertiko einen uralten Küchentisch im Raum stehen, welcher eine Schublade besaß. Zu gern hätte ich deren Inhalt “geerbt”. Das waren lediglich ein paar wachsige Buntstifte und ein Bleistift mit separater Holzhülle sowie ein kleiner halber Zimmermanns-Bleistift.

Es wurde aber alles von meinen Eltern gedankenlos entsorgt. Ich behaupte, ich würde die paar Reliquien noch heute hegen, denn sie wären allesamt von Oma Hedwig gewesen …

Außer wenigen Bildern und schönen Erinnerungen blieb mir aber nichts …

Doch! Etwas bekam ich doch noch, wohl aber ungewollt, sehr bald von Oma.

Und das wollte ich partout nicht. Ihren gestrickten Unterrock! Dieses braune Utensil wollte ich nicht! Er wurde dennoch von meiner Mutter aufgetribbelt und neu verstrickt. Es kam ein weißer, ebenfalls alter Wollfaden dazu und schon hatte Volker eine “neue” Stickjacke, die aber für mich Oma Hedwigs alter Unterrock blieb.

Ich habe mich darin nie wohl fühlen können. Das war geschmacklos, makaber, so etwas tut eine liebende Mutter ihrem wissenden Kind nicht an. Meine Gefühle und Empfindungen spielten hier keine Rolle.