Die “schlimmen” Zeiten waren nun vorüber, besonders die Schulzeit.
In der DDR gab’s das geflügelte Wort: “Hast du einen dummen Sohn, schicke ihn zur Bau-Union, hast du deren Söhne zwei, müssen Sie zur Polizei …”
Ich hatte Glück, war einziger Sohn und ging demnach zum Bau.
Ich konnte dort trotz nur mäßiger Schulnoten meinen Traumberuf nach 9 Schuljahren im WBK (Wohnungsbaukombinat) Quedlinburg, in 3 Lehrjahren erlernen und dann ausüben. Ich wurde mit großer Freude Maurer.
Und das kam so …
Ende der 9. Klasse war jede Hoffnung geschwunden, dass ich das Klassenziel noch erreichen könnte. Und die Hoffnung starb zuletzt. Aber sie starb! …
In der Aula der Martin-Schwantes-Oberschule fanden gegen Schuljahresende einige Berufs-Werbeveranstaltungen der einzelnen Betriebe vor Schülern und deren Eltern statt. Die warben ein Jahr vor Erreichen der Mittleren Reife bereits um Lehrlinge. Das Wohnungsbaukombinat suchte auch händeringend geeigneten Nachwuchs.
Da meine Mutter Alwin Severin, einen Lehr-Obermeister persönlich kannte, kam ihr die glorreiche Idee, Alwin hier in der Aula noch zu fragen, ob er mich jetzt sofort, also ein Jahr früher, als 8-Klassen-Deppen aufnimmt. Er willigte in meinem Beisein nach einigem geschauspielerten Hin und Her ein.
So blieb meinen Eltern die Schmach, einen Sitzenbleiber großgezogen zu haben, weitestgehend erspart. Dieser Fakt konnte jetzt gut kaschiert, ja vertuscht werden.
Ich allerdings legte ein zweites Mal in meinem Leben ein feierliches Gelübde ab. Dieses Mal brauchte ich aber nicht auf den Sozialismus schwören. Es war dadurch noch schlimmer, weil es nicht nur ein Lippenbekenntnis war. Es war nicht nur so eine Floskel. Ich versprach nämlich, ab 2. Lehrjahr abends meinen 10. Klasse-Abschluss durch Fleiß in der Volkshochschule nachzuholen. Ein guter Deal!
Der war auch absolut richtig, wie mir später noch klar wurde. Aber eben auch sehr anstrengend.
Jetzt aber war ich erstmal Sitzenbleiber und zugleich der glücklichste Mensch der ganzen Welt …