Dank Ehekredit in Höhe von 5.000.- Mark konnten wir unsere zwei Zimmer im Obergeschoss gleich einrichten. Dieser Kredit wurde zinslos ausgereicht. Bei Geburt des 1. Kindes wurden 1.000.- Mark erlassen, beim 2. Kind 1.500.- Mark und für das 3. Kind gab es 2.500.- Mark Erlass.

Wir zahlten in der Folge nur 3.999.- Mark ab. Für unseren Sohn wurden die ersten 1.000.- Mark gestrichen. Als unser Töchterchen das Licht der Welt 6 Jahre später erblickte, war leider nur noch eine einzige Mark als letzte Rate zu leisten. Die wurde uns dann in der Sparkasse erlassen. Wir hätten eben schneller sein müssen ….

Wohnzimmer-Schrank

Riesenglück und die Beziehungen meines Vaters, sowie ein schlampiger Außenhandel halfen uns beim Einrichten. Wir beide stiefelten durch die damalige Kreisstadt Quedlinburg und erblickten einen “Exportrücklauf”. Im Schaufenster des HO-Möbelhauses stand eine Schrankwand in Nußbaum-Furnier mit zwei schicken Intarsien-Streifen über die gesamten 2,50 m. Im Laden wurde uns eröffnet, dass der Schrank bereits nach Thale verkauft sei. Es war zudem ein Einzelstück, nur wegen eines grünen Punktes auf der Vorderseite hier im Laden abgeladen worden. Dieser Kugelschreiber-Pips war kaum zu sehen. Doch der Schrank war weg.

Tags drauf berichtete der HO-Kaufhauschef meinem Vater, dass der Schrank in Thale nicht ausgeliefert werden könne, weil das Treppenhaus nicht zur komplett verleimten Schranklänge passte. Kurz: Wir kamen nun doch noch als potentielle Käufer in Betracht! Ich solle aber bitte unser Treppe nochmals vermessen, sicherheitshalber. Das tat ich. “Der Schrank passt” wurde meinerseits vermeldet.

So bekamen wir den dreiteiligen Schrank, der war drei Mal längs 2,50 m übereinander zu stapeln, geliefert. Leider war ich nicht vor Ort. Meisterschule!

Als ich das Haus wieder betrat, stand die Schrankwand wie gewünscht oben. Nur hatten wir kein Geländer mehr! Der Fahrer und dessen Gehilfe nahmen einen Vorschlaghammer und droschen den oberen Geländerpfosten ab. Bevor Reimonde Einspruch erheben konnte war’s geschehen. Einfach weggebrochen war der.

Was für Idioten!

Im Laufe der Jahre ist der Schrank mehrmals treppauf-treppab transportiert worden. Und das neue Geländer, an gleicher Stelle, hat nie gestört.

Weil Vater und Kaufhauschef sich gut kannten, ließen wir es auf sich beruhen …

Wir nahmen uns ja auch bald die Zeit zum Abreagieren. Urlaub, Hochzeitsreise war angesagt!

Im Sommer 1973 kratzten wir all unser verfügbares Geld zusammen und machten unsere Hochzeitsreise per Flugzeug nach Bulgarien zum Goldstrand.

Das DDR-Reisebüro, “DER” genannt, war, wie sich herausstellte, das reinste Betrügersyndikat. Wochen zuvor teilte man uns mit, dass sich unerwarteter Weise unsere Reise um einen Tag verlängert. Bei je 1.300.- Mark Reisepreis sollten wir nun jeweils lediglich 20.- Mark nachzahlen. Das schien ein gutes, faires Geschäft zu sein. Statt 14 nun also 15 Tage Ferien mit Vollpension und nur 20 Kröten teurer.

3 Tage vor Abflug bekamen wir die Reisepapiere. Darin stand, dass unser Flug 23:55 Uhr beginnt. Statt mehr Urlaub, hatte man uns also schon um den ersten Tag betrogen. Den Rückflugtermin erfuhren wir erst die letzten Tage im Hotel. Wir mussten am vorletzten Urlaubstag bereits 22:30 Uhr die Hotelzimmer und das Hotel verlassen. Wir standen dann zu etwa 100 Leuten wie die Heimatvertriebenen mit allem Gepäck bis nachts um 1:00 Uhr vor dem Hotel und warteten auf unseren planmäßigen Zubringerbus. Das war beschämend, unwürdig.

So erging es vielen Ost-Mark-Touristen im Bruderland!

Frühmorgens 4:15 Uhr waren wir am letzten Reisetag schon wieder in Berlin/ Schönefeld. Wir hatten also nur 13 Tage Urlaub, doch 15 bezahlt …

Die Krönung aber war, das in Varna/Goldstrand die Zimmer nicht ausreichten. Da wir frisch verheiratet waren, bekamen wir glücklicher Weise oder aus reinem Mitleid noch ein Zweibettzimmer. Wir verschwanden zufrieden.

Wir wurden allerdings alle zuvor noch belehrt, keine tönernen mit Folkloremotiven bestückten Aschenbecher und Vasen zu stehlen, das ist kein Witz! Das war die wichtigste Durchsage bei unserer Anreise.

Wenige Stunden später, zum Frühstück erfuhren wir dann, dass nicht allen dieses “Glück” beschieden war, ein eigenes Zimmer zu beziehen. Ältere Ehepaare bekamen in mehreren Fällen einzeln reisende junge Mädchen zugeteilt. Wildfremde Leute durften sich dann in 3-Bettzimmern vergnügen. Nach Rebellion und Intervention eines älteren Ehemannes wurden am nächsten Tag wie aus dem Nichts weitere Zimmer für viele Einzelreisende im Nachbarhotel aufgetrieben. Ob er seine alternde Frau oder die junge Maid umziehen ließ, weiß ich allerdings nicht mehr …

Wir wohnten 80 Meter über dem Schwarzen Meer. Natürlich mit Blick hinten raus in den “Park”. Den durchschnitt allerdings die Küstenstraße, auf welcher uns die Urlauberbusse von und nach Albena im Minutentakt den Schlaf raubten.

Die Vollverpflegung war bombastisch, wir haben erstmals 30 Jahre später in Italien wieder eine so gute Bewirtung erfahren.

Im “Morsko Oko”, dem Meeresauge, unten am Strand gab’s das Essen. Wir sahen hier aber auch, dass dieses Hotel nur mit Touristen aus Österreich und Westberlin gefüllt wurde. Die reisten am Tage an. Die hatten dann allesamt Kofferträger … Ob das wohl an der D-Mark lag?

Unsere Koffer wurden vor dem Hotel trotz unseres heftigen Protestes von der Dachreling des Transfer-Busses auf den Rasen geworfen. Auch wir hatten Duschen in unseren Zimmern, allerdings tagelang kein Wasser! Die “DER”-Mitarbeiterin erklärte uns, dass dies normal sei: Denn wenn unten am Strand alle Wasserhähne geöffnet würden, könne oben nichts laufen. Was war die Frau intelligent, die war geschult – und wir begannen zu müffeln. Ja, ja, unser Aluminiumgeld war keine wirkliche Währung, auch unsere “Freunde” wollten die nicht!

Als gelernter Ossi ließ man dies dann zwangsweise über sich ergehen und erfreute sich an der wirklich tollen Landschaft und dem herrlichen Wetter und dem blauen Meer, obwohl es ja irreführend Schwarzes heißt.

Hier schworen wir beiden, wiederzukommen, aber erst wenn’s Westgeld auch unser sei. Dann wollten auch wir unten am Strand im Hotel “Berlin” wohnen!

Das taten wir dann 1994 mit unserer Claudia. Leider hatten die Bulgaren aber in den dazwischenliegenden 21 Jahren nicht eine einzige Leva in die Instandhaltung investiert … Eine Bruchbude erwartete uns! Unser 2-Raum-Appartement entpuppte sich als ein Raum mit einem Vorhang in der Mitte. Andere Länder, andere Sitten! Anschiss lauert überall! Nun auch mit der D-Mark.

In diesem Hotel sollte in der 11. Etage unser Frühstücksbuffet verabreicht werden.

Ging aber nicht mehr, denn zwischenzeitlich, wurde uns offeriert, hätte man dort ein privates China-Restaurant eröffnet.

Logisch, dass auch wir diesem einen Besuch abstatteten. Die haben sich wirklich alle Mühe gegeben. Solch ein chinesisches Lokal haben wir noch nie gesehen und erlebt. Uns erwarte ein ganz gewöhnlicher schlohweiß gestrichener Gastraum. Keinerlei Dekoration, auch keine chinesische. An 2 Tischen saßen bereits deutsche Gäste. Und nun kamen wir drei noch hinzu.

Der einzige “Chinese” der hier Dienst tat, war der Besitzer, ein waschechter Bulgare.

Neben einer Frühlingsrolle gab es noch in Weinlaub eingerolltes Gehacktes, wie in allen Gaststätten in diesen bulgarischen Krisenjahren. Sonst nichts!

Als der Wirt begriff, dass sich nur Deutsche im Lokal befinden, entzückte er uns mit einer musikalischen Sondereinlage:

Über die Lautsprecher trällerte nun Paul Linckes “Das ist die Berliner Luft, Luft, Luft”. Gruselig, aber auch irgendwie schon wieder lustig.