1986 hat mich der Teufel geritten …
Im Spätherbst 1986 rief Tante Aenne für viel Geld und nach stundenlanger Fernamt-Anmeldung (Durchwahl war von keiner Seite aus möglich) bei uns an.
Ja, auch wir “Handwerkers” hatten seit geraumer Zeit einen halben Telefonanschluss. Wir mussten uns allerdings einen ganzen mit Nachbar Herzig teilen. Telefonierte Zottmann hatte Herzig Sendepause, oder umgekehrt.
Nun, sie teilte mir ganz aufgeregt mit, das “unser” Honecker angeblich ab sofort seine Genossen handverlesen in den Westen fahren ließ. Das war mal eine Nachricht!
2 Tage später wurde ich in der Meldestelle des Volkspolizeikreisamtes in Quedlinburg vorstellig. Hier war ich letztmalig vor 14 Jahren mit Sharon und Karlo bezüglich ihrer Rückreise-Visa.
Ich wusste nun schon durch eigenes Erleben, dass man hier bereits im Flur von der Stasi abgehört wird. Ich würde zu gern wissen, wie viele von den Antragstellern getarnte Stasi-Leute waren, die nur so im Flur rumlungerten um anständige Bürger auszuhorchen. Hätten damals alle Stasis geleuchtet, wäre Quedlinburg nachts selbst ohne Straßenlaternen taghell gewesen. ;)
Zu viele reiselustige Mitmenschen hatten die gleiche Honecker-Botschaft vernommen und eine vage Hoffnung im Bauch, jedenfalls musste auch ich sehr lange warten.
Endlich war ich an der Reihe. Als ich denen sagte, ich wolle lediglich in den Westen, weil meine Tante gern mit mir Weihnachten feiern möchte, war meine Reise auch schon beendet.
Ein Genosse W. war mein “Rausschmeißer”, er hob seinen Hintern kurz an, um mir meine sofortige “Verabschiedung” anzudeuten. Der gleiche Mann hatte im WBK mit mir gemeinsam die Meisterschule begonnen, musste dann aber unbesehen dessen seinen Wehrdienst bei der Bereitschaftspolizei in Halle antreten. Er ist anschließend, so vermute ich, offensichtlich aus persönlicher Begeisterung bei der Polizei geblieben. Mich kannte der auf einmal nicht mehr. Ganz schön vergesslich war der Genosse Polizist …
Übrigens hat sein eigener Klassenfeind ihn nach der Wende übernommen und dieser Wendehals tut heute noch dort, nun sogar in höherer Stellung seinen Dienst. Dessen Rente hätte ich gern …
Mein großes Glück war, dass meine “Sprich”-Tante Aenne am 11. März des Folgejahres just ihren 75. Geburtstag feierte.
So konnte ich flugs einen neuen Antrag einreichen. Wenn das kein echter Anlass war, dann weiß ich nicht …
Parallel musste mein alter Arbeitgeber umgehend eine Beurteilung über mich anfertigen. Die brauchte die Staatssicherheit bei jedem Antragsteller zur “Entscheidungsfindung”.
Diese Aufgabe übernahm der mein lispelnde gutmütige Parteisekretär. Der lispelte am meisten wenn er log. Seine arme Sekretärin wird beim Schreiben meiner Beurteilung einen feuchten Nacken gehabt haben. Er muss über mich Sachen diktiert haben, dass sich die Balken bogen … log “sozialistisch”, zu meinen Gunsten …
Nun musste Tante Aenne nur noch sicherheitshalber meine “echte” Tante werden.
So ersann ich abends im Bett und mehreren schlaflosen Nächten ihren verstorbenen Mann Hans zum unehelichen Sohn meiner verstorbenen Oma Hedwig. Mein Vater meinte später einmal, Oma Hedwig, als gläubige Siebententags-Adventistin, hätte mir das nie verziehen, dass ich ihr ein uneheliches Kind angedichtet habe. Da hatte er sicher recht.
Doch es war ja wirklich keine üble Nachrede, und die politischen Umstände ließen mir keine andere Wahl, wenigstens etwas Hoffnung auf Erfolg zu manifestieren. Ich sah damals keine andere mögliche, und vor allem gefahrlose Lüge, um in den Westen zu gelangen, um dem verlogenen Staat Paroli zu bieten. Wäre mein Lügengerüst zusammengestürzt, könnte ich mich so immer herausreden: Die beiden haben mir das so erzählt. Punkt aus Ende!
Und Verstorbene wurden auch in der DDR nie belangt … Nie!
Gegenteiliges hätte mir keine Stasi beweisen können. Schluss, aus, basta!
Denen war ich lästig …
Jetzt, im Februar 1987, saß ich schon wieder in ihrem Antragspalast. Dieses Mal “betreute” mich eine uniformierte Frau. Oh, oh, eine Frau in Uniform, man ahnt nichts Gutes – doch es kam ganz anders: “Zottmann, Zottmann…? Sagen Sie mal, da gab es früher in der Süderstadt mal einen Jungen mit so einem tollen LKW …!?” – “Ja, das bin ich, und nun will ich meine Tante zum 75. besuchen!”
Das Eis war gebrochen, obwohl wir nicht ganz alleine im Raum waren. Da standen immer noch “unbeteiligte Mitarbeiter” (Horcher und Gucker) rum …
Nach “auseinanderklamüsern” wie wir, also Tante Aenne und ich, nun verwandt seien, bekam meine Antragskarte ohne große Nachfrage das Kreuzchen offenbar an der richtigen Stelle. Hier hat Mielkes Geheimpolizei kläglich versagt.
Die bekamen ihr Gehalt für schlampige Arbeit …
Ich sollte mich nun 4 Wochen brav gedulden, um dann am Reisetag früh morgens 9:30 Uhr in der Meldestelle Harzgerode zu erfahren, ob ich abends fahren darf oder nicht. Das wäre gängige Praxis.
So erniedrigend waren sie, die Schikanen im selbstgelobten Arbeiterparadies. Das aber haben schon zu viele Menschen vergessen. Und glorifizieren schon wieder diesen Unrechtsstaat in rosaroten Farben!
Reimonde arbeitete zu der Zeit im Rathaus Harzgerode in der Wohnraumlenkung. Sie war für “Illusionen” zuständig. Sie verteilte nicht vorhandenen Wohnraum! Organisierte aber auch echte Wohnungstausche und arbeitete auf dem gleichen Flur, auf dem auch die Polizei-Meldestelle untergebracht war.
Meldestellenleiter T. hatte dort das Sagen … Der schnorrte täglich Zigaretten und Kaffee in Reimondes Abteilung. Ein Schild “Betteln und Hausieren verboten” seinetwegen anzubringen, wäre sinnvoll gewesen.
Es wäre nun die beste Gelegenheit gewesen, sich einmal zu revanchieren. Reimonde bat ihn Vortags, doch mal mit der Entscheidung, bezüglich meiner Reise, etwas eher herauszurücken. Kulanz war gefragt. Der war aber nicht willens oder eben doch etwas “unterbelichtet”! Eher wohl letzteres, denn der kannte das Wort KULANZ gar nicht. “Nein, dein Mann erfährt noch frühzeitig genug von seiner Ablehnung oder Erlaubnis!”
So setzte ich mich also morgens um 9:00 Uhr in den Polizei-Flur. Zu halb zehn war ich bestellt. Die ganzen Rentner mit ihren beantragten Monatserlaubnissen für den kleinen Grenzverkehr waren mir zur Schikane zuvor bestellt. Viertel zehn waren dann alle durch. Da leuchtete hoch über der Tür die Leuchtschrift “Der Nächste”. Ich blieb sitzen. Der T. rief nun drinnen, dass der Nächste eintreten solle. Ich blieb sitzen. Dann ging die Tür auf und dieser Blödmann maulte mich an, warum ich nicht einträte. Da habe ich ihm die Uhr erklärt und gedeutet, dass ich halb zehn bestellt bin. Dann erst trat ich ein.
Er verlangte nun, wohl als Retourkutsche, dass ich mich ausweise, obwohl er mich ja genau kannte!
(Auch er stand für eine nötige Schornsteinsanierung auf meiner langen Warteliste und wenn er inzwischen nicht gestorben wäre, wartete er heute noch …)
T. kramte sich nun ungeschickt durch alle Schranktüren und Schubladen, gab vor, meinen neuen Pass zu suchen.
Da wurde es mir zu bunt. Ich forderte ihn auf, dieses Theater zu unterlassen und mir unverzüglich meinen Pass auszuhändigen. Wenn nicht, würde ich mich umgehend beschweren. Das half ungemein den Übergabeprozess zu beschleunigen.
Bei sicherem und forderndem Auftreten bekommen ja solche sonst unterwürfigen Staatsdiener oft Unbehagen. Er war sich nicht sicher, ob und von welcher “Feldpostnummer” ich nun war. Also erfolgte eine prompte Passübergabe.
Ich hatte es geschafft!
Überglücklich, nach nunmehr 33 Jahren spätabends mit dem “Mumienexpress” endlich wieder einmal Richtung Westen zu reisen, wenn auch nur 10 Tage und allein. Der Zug Richtung Westen hatte viele Namen. In den 50er Jahren war es der Heringszug, wegen des Schwarzhandels. Im Westen nannte man ihn dann bis zur Wende nur den Interzonen-Zug. Im Osten blieb es der Mumienexpress. Weil all die vielen Jahre zuvor ja nur alte Ost-Rentner reisen durften, eben respektlos die “Mumien” genannt.
Tante Aenne wurde zu unserem Bedauern bis zuletzt im Unklaren gelassen, ob es mit meiner Reise klappt, denn am letzten Tag gab es keine Telefon-Verbindung mehr über das Fernamt (jedes Gespräch mußte angemeldet werden und es konnte bis zu 24 Stunden dauern bis man vermittelt wurde). Armes (Ost-)Deutschland!
Abends bin ich in Magdeburg mit 15.- Westmark (!), von der Staatsbank 1:1 getauscht, in den Zug geklettert. Hier wurden mindestens 8 Reisende, teils 10, in die Sechser-Abteile gepfercht. Ein freundlicher Reichsbahner (solche gab es früher) sagte noch, dass keiner meutern solle, denn alle, die in Oebisfelde noch im Gang stehen, müssten dort bei jedem Wetter mit ihrem Gepäck auf dem Bahnsteig ausharren. Da dort keiner 40 Minuten in Wind und Wetter zubringen wollte, ergaben wir uns der Enge. So brauchte im wahrsten Sinne des Wortes keiner zu frieren. Draußen nicht und erst recht nicht drinnen.
Spätestens nach Passieren von Oebisfelde hasste ich den Staat mehr denn je. Es ist ein Unterschied, ob man von Schikanen hört, oder sie selbst hautnah miterleben muss! Diese sture staatliche Willkür!
Überfallartig betrat ein ganzes “Prüfgremium” Uniformierter den Waggon. Zeitgleich wurde dieser von außen abgeschlossen!
Zwei, drei Leute prüften unsere Reisepapiere, einer war mit Pässen stempeln und Geldwechsel für westdeutsche Reisende beschäftigt.
Ein weiteres Geschwader widmete sich dem Waggon selbst. Wer bisher nicht wusste, wie viele Klappen und Öffnungen ein Reisezugwagen hat, der lernte es jetzt. Trittleitern wurden eigens zur Kontrolle in den Zug getragen. Die Kontrolleure stocherten sogar mit langen Eisenstangen in den Zwischendecken herum, suchten Republikflüchtlinge, arme Seelen ohne Pässe. Das geschah im ganzen langen Interzonenzug zeitgleich, in jedem Abteil. Denn deren Zeitfenster betrug ohne Zwischenfälle “nur” 40 Minuten.
Derzeit waren bestimmt im Zug 50 oder noch mehr Uniformierte beschäftigt, abgesehen vom eigentlichen Grenzpersonal. Das lief außen um die umstellten Wagen. Hundeführer scheuchten ihre abgerichteten Kampfmaschinen unter die Waggons, nichts wäre denen verborgen geblieben. Ich empfinde dafür auch heute nur Abscheu.
Zur reinen Freude der Wachmannschaften wurden Reisende aufs Übelste diskriminiert und unwürdigen Prozeduren unterzogen. Gepäckstücke wurden in der Enge vor den Augen der Mitreisenden durchwühlt. Zu meutern traute sich aber niemand, denn keiner wollte seine Reise bereits auf dem Bahnhof in Oebisfelde beenden. Eine fürchterlich gedrückte Stimmung breitete sich aus, man spürte förmlich die elektrische Ladung, die kurz vorm Zerbersten war. Durch dieses Prozedere diskreditierte sich der Staat selbst immer offensichtlicher. Tausende durften nun handverlesen reisen, und ein Jeder erzählte anschließend von unwürdigen Schikanen.
Jeder sah nun bei Ausfahrt unseres Zuges einen kilometerlangen Stacheldrahtkorridor durchs Niemandsland, durch den die Züge nach der Kontrolle im Schritttempo fuhren. Unmenschlich!
Von einem “Arbeiter- und Bauernstaat” verbrochen! Das war der Ausgang aus dem “DDR-Gefängnis” der 17 Millionen!
Man spürte, wie der ganze Zug sich schlagartig aus den Federn hob. So viele Steine sind da gleichzeitig den Reisenden von den Herzen gepurzelt.
Uns regierte in den letzten Jahren eine gefährliche, vertrottelte alte Riege, die meisten borniert und nicht mehr lernfähig. Die lebten ihre Dummheit aus, ohne es zu merken. Doch noch schlimmer war, dass sich ein ganzes Volk solange hat demütigen lassen!
Freude und Traurigkeit hielten sich im Zug die Waage. Man war froh, nun endlich zu reisen und gleichzeitig betrübt, dass dies allein geschehen musste, dass die Familienangehörigen als Geiseln zurück bleiben mussten. Ich habe das bei allen meinen 4 Fahrten so empfunden.
Schon bei der ersten Reise kam mir Schillers “Bürgschaft” in den Sinn: “Ich lass den Freund dir als Bürgen, ihn magst du, entrinn ich, erwürgen …”
In Dortmund, meiner ersten Station angekommen, war ich zu einem Frühstück bei Frau P. eingeladen. Sie ist nach dem Tod ihres Mannes als Rentnerin mit seiner Urne übergesiedelt. Sie hatte es zuvor geschafft, ihren Werner, also die Urne, ewige Monate bis zur Ausreisegenehmigung in der Wohnung aufzubewahren …
In der selben Etage, direkt nebenan wohnte Witwe Jung, eine weitere Quedlinburgerin. Ihr Mann half über Jahre den P’s im Süderstädter Schrebergarten. Da sind dann nach dem Tod der Männer beide Frauen sinniger Weise gemeinsam übergesiedelt und waren nicht allein.
“Piepschen” freute sich nun mächtig, mich, ihren ehemaligen Nachbarn wieder zu sehen. Über was haben wir nur alles geschlabbert. Doch schon recht bald ging es weiter nach Duisburg und da stieg ich am Hauptbahnhofsvorplatz in die Straßenbahn U79 Richtung Düsseldorf.
In Wittlaer, dem ersten Düsseldorfer Vorort, stieg ich dann aus. Niemand kannte meine Ankunftszeit, so war ich mit mir und meinen Gedanken in den ersten Momenten dort ganz allein. Das war toll, das war wunderschön!
So etwa muss es gefühlsmäßig den Spätheimkehrern des letzten Krieges gegangen sein…
Ich stand da bestimmt eine Viertelstunde am Bahnsteig oberhalb von Wittlaer, mit Blick Richtung Duisburger Straße. Selbst ich als 36-Jähriger brauchte in dieser Situation eine gewisse Zeit, mich zu sammeln, meine Gefühle zu ordnen …
An mir zog meine kurze aber intensive Düsseldorfer Kinderzeit vorüber. Kaum begreifend, dass ich nun hier stehe, hier stehen darf!
Alles hier war immer noch so vertraut …
Nun lief ich ein paar hundert Meter weiter entlang der alten B 8 und schon stand ich in Kaiserswerth, Arnheimer Straße 146, im Grundstück genau rechts neben dem Diakonie-Heim “Haus Heimatfreude”.
Hier wohnte meine Tante Aenne, allein im Souterrain einer alten geklinkerten Bauhausvilla, direkt an die Rheinwiesen grenzend. Eine wunderschöne Wohnlage.
Was war das für ein Hallo, als ich bei ihr unvermittelt im Garten stand. Unbeschreiblich, solch freudige Momente gibt es nicht viele im Leben …
(Inzwischen feierten wir alle schon Tante Aennes 98. Geburtstag)
Ich lernte nun endlich Eva, Hans-Joachims Frau, kennen. Da Tante Aennes ältester Sohn samt Schwiegertochter uns einige Male per Paket mit guter Kinderkleidung unterstützten, bedankte ich mich jedes Mal per Brief. Die Post erledigte immer Eva. Und so passierte folgendes:
Am 11.10.1982 starb der sowjetische Staatschef Leonid Breschnew. Ich machte mir einen Jux und begann meinen nächsten Brief an die Familie S. mit der verzweifelt-rhetorischen Frage, wie es denn nun nur weitergehen solle, denn unser großer “Führer und Vordenker” wäre doch nicht mehr … und so weiter und so weiter …
Ich hätte mich beim Schreiben kaputtlachen, ja ergötzen können. Stellte mir die Briefe durchschnüffelnden Stasileute und deren dumme Gesichter beim Lesen vor …
Dumm war nur, dass Eva mich nicht einordnen konnte, folglich alles Geschriebene für bare Münze nahm und mir nun ganz feinfühlig eröffnete, dass es immer irgendwie weiter geht. Sie nahm meinen komödiantischen Brief dummerweise für totalen Ernst.
Sie spendete dem “roten Volker” Trost! Rührend!
Im nächsten Schreiben schon habe ich zwar alles erklärt, doch war es nun Auge in Auge wesentlich schöner und entspannter. Wir haben gelacht. Um mich richtig einordnen zu können, brauchte Eva jedoch noch etwas mehr Zeit …
Jetzt folgte Tante Aennes große Jubelfeier. Volker, der Sohn Annelies, damals etwa 13 Jahre alt, saß mir direkt gegenüber. Der schaute ganz gespannt, wie sein Namensvetter, dieses “gelernte Ossi”, seinen “Nordland-Salm im Wurzelsud” nun unter der Nase in den Mund schob. Für ihn war ich offenbar der erste leibhaftige jüngere Ostdeutsche, ein absoluter Exot. Alle bisher gesehenen Ossis waren betagte Rentner. Und nun ich! So hatten hier alle Altersgruppen ihren Spaß.
Annelie und Uwe luden mich noch zu einer abendlichen Käse-Wein-Tafel ein. Erhard und Edith machten mit mir eine spritzige Stadtrundfahrt samt Flughafenbesuch,
KÖ-Galerie und teuerstem Kaffee in einem Café und Wolf-Rüdiger bummelte in aller Geduld und mit Spendierhosen mit mir durch einige Baumärkte. Meine Betreuung konnte nicht besser organisiert werden. Dafür zog Tante Aenne hinter den Kulissen die Strippen zu genau. Danke Euch allen.
Zum 76. und 77. Geburtstag war ich jeweils wieder zu Gast. Gut nur, dass 1989 die Grenzen ihren Sinn verloren, ich wäre denen bestimmt irgendwann “lästig” geworden.
1988 besuchte ich zuerst Onkel Otto, der nach dem Tod meiner Tante Mimi in Kanada, nach Schriesheim bei Heidelberg zog. Onkel Otto hatte nochmals geheiratet und hat als “Kanadier” wieder “heim ins Reich” gefunden, ist wieder in Deutschland sesshaft geworden.
Hier übernachtete ich bei Wilfried, dem Sohn meiner “neuen” Tante Hanna. Er und seine Frau organisierten mir dort einen wunderschönen Zwischenstopp und eine Weiterfahrgelegenheit über den Hundsrück bis Bonn/Bad Godesberg. Kurios ist, dass mich sein Nachbar namens Heinz Richter mitnahm.
Denn einen Karl-Heinz Richter hatte ich auf meiner Suchliste. Allerdings nicht diesen.
In Bad Godesberg wurde ich an der griechischen Botschaft ausgeladen. Meine Weiterreise geschah nun per Zug bis Düsseldorf, allerdings mit Köllner Zwischenstopp, denn den Dom zu besichtigen, wollte ich mir nicht entgehen lassen.
In Düsseldorf angekommen machte ich Reimondes verschollen geglaubten Bruder aus erster Ehe ihres Vaters telefonisch in Hückelhoven ausfindig. Unser Glück bei der Suche war, dass er immer noch, wie es Reimonde hoffte, in Hückelhoven als Bergmann wohnte. Er kam, so schnell es ging, per Bahn samt Frau Marianne und Dackel Hexe nach Kaiserswerth.
Es war unglaublich: Ich habe ihn noch nie gesehen und doch sofort “wiedererkannt”! Karl-Heinz Richter sah seinem verstorbenen Vater, meinem Schwiegervater, zum Verwechseln ähnlich.
Wir alle hatten bei Tante Aenne reichlich Gelegenheit uns zu beschnuppern. Die Chemie stimmte vom ersten Moment an. Karl-Heinz war sehr sehr gerührt, hatte er doch seit Mitte der 50-er Jahre, auch durch die Politik verursacht, keinerlei Kontakt mehr mit seiner Verwandtschaft.
Toll, Reimonde hat ab nun ihren 16 Jahre älteren Halbbruder wieder. (Er ging nach dem Volksaufstand 1953 in den Westen, da war Reimonde 1 Jahr alt.)
Als er sie erstmals wieder sah war Reimonde bereits 36 Jahre alt …
Durch meine insgesamt 4 Westreisen in knapp 3 Jahren, denn 1989 fuhr ich im Frühjahr und mit Reimonde gemeinsam im Herbst nochmals, brachte ich auch einige gespendete Geldscheine mit in die Heimat.
Dadurch war es uns möglich, im “Intershop” in Magdeburg für unseren Carlo einen “Atari”-Computer zu kaufen. Was hat sich unser Sohnemann da gefreut.
Er war ja mit Computern schon recht vertraut, allerdings liefen die DDR-Computer “KC 85” noch mit einem gekoppelten Kassettenrecorder. Carlo war Mitglied einer Computer-Arbeitsgemeinschaft an seiner Schule und hatte so bereits dadurch Zugang zur Materie.
Sein persönliches Equipment wurde in der Folgezeit ständig verbessert. Für Carlo war es der Grundstein für sein heutiges Wissen, für seine jetzige Selbständigkeit als Freelancer in München.